In dieser Rubrik möchten wir Sie über spannende rechtliche Fragen, aktuelle Entwicklungen im österreichischen Recht und deren Zusammenhänge auf europäischer und internationaler Ebene sowie neuste Entscheidungen der Gerichte informieren.
Unsere Beiträge sollen auch darauf abzielen, unserem interessierten Leserkreis wissenswerte und nützliche Tipps & Tricks im Alltag zur Verfügung zu stellen!

Veröffentlicht am 14.09.2023

OGH-Entscheidung zum Fall: Jägermeister gegen eine Diskont-Eigenmarke – Schutz bekannter Marken gegen Nachahmung

Verfasst von Lisa Graf

Im Zuge eines spannenden Rechtsstreits zwischen dem Hersteller eines bekannten Kräuterlikörs und dem Betreiber einer bekannten Eigenmarke, die Diskont-Produkte auf dem Markt vertreibt, schließt sich der OGH den bereits früher getroffenen Entscheidungen der Vorinstanzen an!

Sachverhalt: Die Klägerin verfügt seit vielen Jahren über die Marke „Jägermeister“ und über alle damit verbundenen Rechte. Diese Marke ist für ihren Kräuterlikör mit einer distinktiven Farbkombination, Schrift und bildlicher Darstellung eines Hirsches (mit einem Kreuz) bekannt.

Die Beklagte ist Inhaberin einer Diskont-Eigenmarke und bietet ebenfalls Kräuterlikör in der folgenden Produktausführung an:

Quelle: OGH Entscheidung 4Ob55/23a

Vor Gericht war nun zu klären, ob bei dieser Produktausführung eine unzulässige Nachahmung vorliegt. Die Klägerin begehrte nämlich die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die Produktnachahmung der Beklagten, die darauf abzielte, den Verkauf des Kräuterlikörs der Diskont-Marke zu stoppen bzw. in Zukunft zu verhindern. Warum begehrte die Klägerin eine einstweilige Verfügung? Wenn man seine dringlichen Ansprüche absichern möchte, ist die Erwirkung einer vorläufigen Entscheidung der schnellste Weg dazu. Diese wird im Zuge eines Eilverfahrens getroffen, bis es zu einer Hauptentscheidung kommt. Bei solchen Rechtsstreitigkeiten kann es nämlich eine sehr lange Zeit dauern, bis endgültig entschieden wird.

Nach entsprechender Überprüfung bestätigte auch der OGH die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass in diesem Zusammenhang keine rechtfertigenden Gründe für die Ausstattung und Etikettierung des auf dem Markt neu erschienenen Kräuterlikörs in der von der Beklagten gewählten Form vorliegen.

„Der Schutz bekannter Marken – wie hier unstrittig der Klägerin – setzt keine Verwechslungsgefahr voraus, sondern nur eine solche Ähnlichkeit, dass das Publikum Zeichen gedanklich miteinander verknüpft. Einander gegenüberstehende Zeichen müssen deshalb einander gleich oder ähnlich sein, weil es typischerweise nur dadurch zu einer Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung oder Verwässerung der bekannten Marke kommen kann.“ – so der OGH.

Im Ähnlichkeitsbereich der Waren und Dienstleistungen ist ebenso davon auszugehen, dass der Markeninhaber des jüngeren Zeichens, was einer bekannten Marke ähnelt, derjenige ist, der diese in unlauterer Weise verwendet. Somit liegt auch die Beweislast für das Nichtvorhandensein der unlauteren Absichten oder das Vorliegen rechtfertigender Gründe aufseiten des Nachahmers.

Zusammenfassend kann aus dem gegenständlichen OGH-Urteil entnommen werden, dass bekannte Marken einen hohen Schutz gegenüber Nachahmungen genießen und dass es schon ausreicht, wenn eine Ähnlichkeit und eine Assoziation zu einer älteren Marke hergestellt werden.

Veröffentlicht am 07.08.2023

Kündigung im Urlaub – geht das?

Verfasst von Dr. Thomas Krapf LL.M

Darf mein Chef mich im Urlaub kündigen? Gerade jetzt in der Sommerzeit drängt sich diese Frage auf. Einleitend ist anzumerken, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber auf verschiedenste Art und Weise aufgelöst werden kann. Abhängig von der Auflösungsart variieren die Rechtsfolgen.

Die Kündigung beispielsweise kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer ohne Angabe eines Grundes ausgesprochen werden. Grundsätzlich unterliegt eine Kündigung keiner Formvorschrift, was bedeutet, dass dies mündlich oder schriftlich erfolgen kann. In Ausnahmefällen liegt, etwa durch Kollektivverträge oder Arbeitsverträge geregelt, ein Schriftlichkeitsgebot vor. Die Kündigung bedarf somit einer eigenhändigen Unterschrift. Kündigungsschreiben per E-Mail oder SMS sind daher nur möglich, sofern eben keine Schriftlichkeit vereinbart wurde.

Kündigung nur mit Zugang

Wirksamkeit erlangt die Kündigung Ihnen gegenüber erst mit Zugang. Zugang bedeutet, dass sie Ihnen gegenüber persönlich ausgesprochen wurde oder das Kündigungsschreiben bei Ihnen einlangt, sodass Sie von dem Kenntnis nehmen oder Kenntnis nehmen könnten. Eine Hinterlegung beim Postamt ist grundsätzlich auch gültig, was bedeutet, dass eine Kündigung während Ihres Urlaubs rein rechtlich betrachtet zulässig ist. Das Risiko des Nichtzugangs der Kündigungserklärung trägt hier der Arbeitgeber. Auch eine Verweigerung der Annahme macht die Kündigung nicht unwirksam.

Im Falle der Kündigung stehen Ihnen Mittel und Wege offen, um sich dagegen zur Wehr zu setzen. Das angestrebte Ziel einer Anfechtungsklage an das Arbeits- und Sozialgericht ist die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses.

In einem Betrieb mit Betriebsrat muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat verständigen. Der Betriebsrat hat eine Woche Zeit, um zu der Kündigungsabsicht Stellung zu nehmen (Vorverfahren). Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schon vor Ablauf der Frist oder übergeht er den Betriebsrat schlichtweg, ist die Kündigung unwirksam.

Der Betriebsrat entscheidet

Der Betriebsrat kann gegen die beabsichtigte Kündigung ausdrücklich Widerspruch erheben, zustimmen oder Stillschweigen bewahren. Je nach Art der Stellungnahme resultieren unterschiedliche Anfechtungsmöglichkeiten. Unabhängig von dessen Reaktion erlangt die Kündigung trotzdem Gültigkeit, sofern dieses Vorverfahren eingehalten wurde.

Anfechtungsgründe sind zum Beispiel, wenn die Kündigung aus verpönten Motiven, etwa Tätigkeit in einer Gewerkschaft, erfolgte oder sozial widrig ist.

Veröffentlicht am 21.07.2023

Schlaraffenland oder Schreckgespenst?

Innovation, die die Welt bewegt, hat derzeit einen Namen: Künstliche Intelligenz (KI) bzw. Artificial Intelligence (AI). Da diese Technologie gerade in letzter Zeit eine immense Entwicklung genommen hat, wurden eine Reihe von ethischen und rechtlichen Fragen aufgeworfen, die recht ambivalent wahrgenommen werden.

Im folgenden Artikel, der in der aktuellen Ausgabe des Magazins „eco.nova“ publiziert wurde, geht RA Dr. Stefan Warbek prägnant und schlüssig auf mit den aktuellen Entwicklungen einhergehende Fragestellungen zum Thema Künstliche Intelligenz ein. Nach einer allgemeinen Auseinandersetzung behandelt der Artikel arbeitsrechtliche Implikationen, Datenschutz, Haftung, Geistiges Eigentum und Verbraucherschutz.


Artikel Econova

Veröffentlicht am 29.06.2023

Leerstandsabgabe: was is zu beachten, wenn man in Tirol über leer stehenden Raum verfügt!

Verfasst von Dr. Alexandra Leistner

Wird ein Gebäude oder eine Wohnung über einen durchgehenden Zeitraum von mindestens 6 Monaten nicht als Wohnsitz verwendet, ist grundsätzlich – so nicht ein Ausnahmetatbestand vorliegt – eine Leerstandsabgabe zu entrichten. Für die Betrachtung des Zeitraums eines Leerstandes sind nur volle Kalendermonate maßgeblich.

Achtung: Wird eine Wohnung/ein Gebäude als Freizeitwohnsitz verwendet, ist keine Leerstandsabgabe zu entrichten. Die Einhebung einer Freizeitwohnsitzabgabe neben der Leerstandsabgabe für dasselbe Objekt ist nicht möglich.

Abgabenschuldner?

Abgabenschuldner ist der Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich der Leerstand befindet. Für im Wohnungseigentum stehende Wohnungen ist der jeweilige Wohnungseigentümer abgabenpflichtig.

Abgabenhöhe?

Die gestaffelte Höhe der wertgesicherten Abgabe richtet sich nach der Nutzfläche des leer stehenden Objekts.

§9 Absatz 3 Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabengesetz (TFLAG):
Die Höhe der monatlichen Abgabe ist abhängig von der Nutzfläche mit Verordnung des Gemeinderates festzulegen wie folgt

  • bis 30 m² mit mindestens 10,- Euro und höchstens 25,- Euro,
  • von mehr als 30 m² bis 60 m² mit mindestens 20,- Euro und höchstens 50,- Euro,
  • von mehr als 60 m² bis 90 m² mit mindestens 30,- Euro und höchstens 70,- Euro,
  • von mehr als 90 m² bis 150 m² mit mindestens 45,- Euro und höchstens 100,- Euro,
  • von mehr als 150 m² bis 200 m² mit mindestens 60,- Euro und höchstens 135,- Euro,
  • von mehr als 200 m² bis 250 m² mit mindestens 75,- Euro und höchstens 175,- Euro,
  • von mehr als 250 m² mit mindestens 90,- Euro und höchstens 215.- Euro,

In sogenannten Vorbehaltsgemeinden (darunter fällen ua die Stadt Innsbruck und nahezu alle Umlandgemeinden), in denen der Druck auf den Wohnungsmarkt besonders hoch ist, ist die Abgabe verdoppelt.

Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Innsbruck hat am 25.10.2022 die Höhe der Leerstandsabgabe für die Stadtgemeinde Innsbruck verordnet:

  • bis 30 m2 Nutzfläche mit 50 Euro,
  • von mehr als 30 m² bis 60 m² Nutzfläche mit 100 Euro,
  • von mehr als 60 m² bis 90 m² Nutzfläche mit 140 Euro,
  • von mehr als 90 m² bis 150 m² Nutzfläche mit 200 Euro,
  • von mehr als 150 m² bis 200 m² Nutzfläche mit 270 Euro,
  • von mehr als 200 m² bis 250 m² Nutzfläche mit 350 Euro,
  • von mehr als 250 m² Nutzfläche mit 430 Euro,
Abgabe selbstbemessen!

Sobald ein Abgabenanspruch in einem Kalenderjahr entstanden ist (Leerstand mindestens sechs Monate) ist die Abgabe für eben dieses Kalenderjahr vom Abgabenschuldner bis 30.04. des nachfolgenden Kalenderjahres selbst zu bemessen und zu entrichten.

Selbst im Fall des Vorliegens eines Ausnahmetatbestands hat der Abgabenschuldner, sobald sich der Abgabeanspruch verwirklicht (Leerstand von 6 Monaten) eine Selbstbemessung der Abgabe vorzunehmen und gleichzeitig einen allfälligen Ausnahmetatbestand glaubhaft zu machen!

Als Ausnahmen nach dem TFLAG gelten unter anderem Wohnung, die für berufliche Zwecke verwendet werden, nicht gebrauchstaugliche Wohnungen; Wohnungen, die von den Eigentümern aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Hauptwohnsitz verwendet werden können.

Finanzstrafrechtliche Ahndung! Empfindliche Strafen!

Kommt der Abgabenschuldner der Abgabenselbstbemessung und -abfuhr nicht oder nur unzureichend nach, drohen neben der Nachzahlung der Abgabe empfindlich hohe Strafen nach den finanzstrafrechtlichen Bestimmungen ua des Tiroler Abgabengesetzes wegen Abgabenhinterziehung (Strafrahmen bis höchstens EUR 50.000,00), fahrlässige Abgabenverkürzung (Strafrahmen bis zu EUR 25.000,00) und/oder sonstigen Abgabenordnungswidrigkeiten (Strafrahmen bis zu EUR 1.000,00)

Veröffentlicht am 21.06.2023

Immaterieller Schadenersatz bei DSGVO-Verstößen?
Das sagt der EuGH!

Verfasst von Lisa Graf

Der prominente Fall eines möglichen Verstoßes gegen die DSGVO seitens der Österreichischen Post AG, indem diese Daten über politische Affinitäten ihrer Kunden gesammelt und diese dann für ihre Werbezwecke genutzt haben soll, bleibt nach der lang erwarteten Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes weiterhin offen.

Die Vorgeschichte: Die Österreichische Post AG soll mithilfe eines Algorithmus Personen politische Affinitäten zugewiesen haben, um diesen Personen darauf abgestimmte Werbung zu schicken. Ein Betroffener erhob eine Klage auf Unterlassung sowie Schadenersatz iHv EUR 1.000,00 gegen die Österreichische Post AG mit der Begründung, er fühle sich aufgrund dieses Verstoßes gemäß Art. 82 der DSGVO bloßgestellt und kreditgeschädigt. Dadurch werde er nämlich mit einer politischen Partei in Verbindung gebracht, obwohl er jegliche Assoziation mit dieser vehement ablehne.

In der ersten Instanz des österreichischen Zivilverfahrens wurde seiner Klage auf Unterlassung stattgegeben, allerdings kein immaterieller Schadenersatz zugesprochen. Die zweite Instanz bestätigte diese Entscheidung, weswegen er sich mit einer Revision an den OGH wandte. Dieser legte den Sachverhalt dem EuGH vor, da in diesem Zusammenhang Auslegungsbedarf in Bezug auf folgende Punkte bestand:

  • Wie lauten die konkreten Vorgaben zur Bemessung eines immateriellen Schadens?
  • Unter welchen Voraussetzungen wird ein Schaden als solcher anerkannt?
  • Kann ein Verstoß gegen die DSGVO dem Eintritt eines Schadens gleichgestellt werden und ist dies ausreichend, damit daraus Schadenersatzansprüche entstehen?

In Bezug auf die Ermittlung des immateriellen Schadens setzte der EuGH fest, dass „der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen.“ Dem Betroffenen muss ein tatsächlicher Schaden widerfahren, um Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Auf die logische Folgefrage, wie ein immaterieller Schaden auf unionsrechtlicher Ebene überhaupt definiert wird, geht der EuGH recht abstrakt ein. Seine Äußerung dazu lautete nämlich: „Der Begriff des immateriellen Schadens sollte im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs weit auf die Art und Weise ausgelegt werden, die den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entspricht.“ Die Ziele der VO basieren auf unionsrechtlichen Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität. Der Spielraum zur Auslegung eines immateriellen Schadens bleibt durch diese Ausführung aber wesentlich groß.

Es liegt nun am OGH, auf Basis dieser Vorabentscheidung des EuGH eine inhaltliche Entscheidung im konkreten Fall zu treffen.
Welche Entscheidungen im Zusammenhang mit dieser Thematik in Zukunft getroffen werden, ob es zu weiteren Äußerungen des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren kommt und welche Entwicklungen des Datenschutzrechtes sich auf Unionsebene noch ergeben, ist in dem Sinne nicht nur seitens der rechtsberuflichen Community gespannt abzuwarten.

Veröffentlicht am 10.05.2023

Individualantrag: Wie komme ich direkt zum VfGH?

Verfasst von Dr. Thomas Krapf LL.M

Mit einem Individualantrag können Privatpersonen oder Firmen ein Gesetz oder eine Verordnung direkt beim Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig oder gesetzwidrig anfechten, wenn sie von einer Rechtsnorm aktuell und unmittelbar betroffen sind. Die Besonderheit dieses Antrages liegt also darin, sich direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden zu können, ohne vorher eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung erwirken zu müssen.
Da ein Individualantrag allerdings einen subsidiären, d. h. einen nachrangigen oder behelfsmäßigen Rechtsbehelf darstellt, wird die Anwendung eines solchen Antrages seitens des Verfassungsgerichtshofs restriktiv gehandhabt.

Was ist das Ziel eines Individualantrages?

Ein Individualantrag bietet also einem Rechtsunterworfenen die Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshof direkt anrufen zu können. Voraussetzung ist, dass eine Rechtsnorm gegenüber einer Privatperson oder einer Firma unmittelbar und nachteilig eingreift. Der Eingriff muss daher durch das Gesetz oder die Verordnung selbst, also ohne Bescheid oder ohne weiteres Urteil erfolgen. Der Betroffene muss durch das Gesetz direkt benachteiligt sein, entweder in Form eines materiellen Schadens oder durch Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte, wie etwa Ausgangssperren und Betretungsverbote zu Corona-Zeiten.
Ziel eines Individualantrages ist die direkte Aufhebung einer Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof, ohne zuvor ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde anrufen zu müssen.

Kommt ein Individualantrag in der Praxis häufig vor?

Bislang sind Individualanträge in der Praxis wegen der hohen Hürden und Formerfordernisse eher selten vorgekommen. Mit der Covid-19-Pandemie hat sich dies schlagartig geändert: Die einschneidenden Corona-Maßnahmen, insbesondere die zahlreichen Betretungsverbote, Ausgangssperren und die beschlossene Impfpflicht haben zu einer Reihe von Individualanträgen geführt, mit denen sich der Verfassungsgerichtshof beschäftigen musste.

Welche Individualanträge waren zuletzt erfolgreich?

Ein Haupterfordernis für die Zulässigkeit eines Individualantrages ist unter anderem die sogenannte Unzumutbarkeit: nur wenn der Weg an das Gericht oder die Verwaltungsbehörde für den Rechtsunterworfenen unzumutbar ist, kann sich ein Bürger oder eine Firma sofort und direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden. Sofern bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, muss die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes in einem solchen Verfahren aufgezeigt werden. Der direkte Weg an den Verfassungsgerichtshof bleibt einem somit verwehrt.

Eine Verwaltungsstrafe oder gar Freiheitsstrafe muss jedoch nicht riskiert werden.
Aus diesem Grund wurde zum Beispiel der Individualantrag gegen die Bestimmung der Verordnung des Landeshauptmanns für Tirol vom 20.3.2020, wonach das Verlassen des eigenen Gemeindegebiets ohne triftige Gründe verboten wurde, als rechtswidrig aufgehoben.

Wie hoch sind die Chancen?

An einen Individualantrag werden hohe Voraussetzungen gestellt. Die gesetzlichen Formerfordernisse sind streng. Der Antragsteller muss klar darlegen können, weshalb er durch die angefochtene Norm unmittelbar und aktuell beeinträchtigt ist. Sämtliche Gründe, weshalb ein Gesetz für verfassungswidrig oder eine Verordnung für gesetzwidrig erachtet wird, müssen detailliert angeführt werden. Darüber hinaus muss die betroffene Person exakt beschreiben, welchen Teil oder welche Wortfolge des Gesetzes er als verfassungswidrig aufheben lassen möchte. Ein unrichtig formuliertes Aufhebungsbegehren kann ebenso zur Unzulässigkeit oder Abweisung des Individualantrags führen.
Aufgrund der strengen Formerfordernisse muss ein Individualantrag durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden.

Aktuelle Individualanträge?

Individualanträge können von Bürgern oder Unternehmen zu sämtlichen Gesetzen oder Verordnungen eingebracht werden. Aktuell werfen sich im Energiesektor aufgrund der hohen Strom- und Gaspreise zahlreiche Fragen auf, wie zum Beispiel ob der Staat seinen Bürgern im Rahmen der Grundversorgung leistbares Wohnen und damit auch leistbare Energiepreise zu gewähren hat. Hier besteht großes Diskussionspotential, etwa ob die Energiepreise abhängig vom Einkommen zu staffeln sind und damit aufgrund der hohen Inflation ein Ausgleich geschaffen wird.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Arbeiterkammer bzw. Verbraucherschutzvereine bereits Klagen gegen große Energieversorger eingebracht haben. Für Privatpersonen oder Einzelunternehmer wären solche Gerichtsverfahren allerdings zu kostspielig, sodass Individualanträge in Erwägung zu ziehen sind.